In einer einstweiligen Verfügung vom 24.04.2024 verurteilte die 3. Kammer des Pariser Gerichts die Firma META Platforms Ireland Ltd., Anbieter der sozialen Netzwerke Facebook, Instagram und Messenger, dazu, die Veröffentlichung von Werbeanzeigen zu verhindern, die die Markenrechte an der Wort-/Bildmarke „B BARRIERE“ sowie an der Wortmarke „BARRIERE“, beide eingetragen für Glücksspiele und Casino-Dienstleistungen, verletzten.
In der Angelegenheit, die das Pariser Gericht im markenrechtlichen Eilverfahren zu entscheiden hatte, wurden Werbeanzeigen, die die Markenrechte der Barrière-Gruppe verletzten (eine Firmengruppe mit einem Tätigkeitsbereich im Casino- und Hotelbetrieb) auf Facebook veröffentlicht und erzielten mehr als 80 Millionen Aufrufe. Ein Wettbewerber der Barrière-Gruppe hatte mindestens 2.400 markenrechtsverletzende Werbeanzeigen auf Facebook veröffentlicht, um eine Online-Spielcasino-Anwendung zu bewerben, die darüber hinaus nicht den französischen Vorschriften für Online-Glücksspiele entsprach.
Die Inhaberin der BARRIERE-Marken nahm die Fa. META als Anbieterin der Facebook-Plattform in Anspruch, um in einem Eilverfahren vor dem Pariser Gericht ihren Unterlassungsanspruch geltend zu machen und die unmittelbare Entfernung und weitere Veröffentlichung der rechtswidrigen Werbung zu erwirken, die sowohl ihre Markenrechte verletzte als auch ein Risiko für den französischen Verbraucher darstellte.
Die Antragsgegnerin META argumentierte zu ihrer Verteidigung, dass die Voraussetzungen einer Verurteilung im Eilverfahren im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien.
Die einstweilige Verfügung im französischen Markenrecht ist ein „Dringlichkeitsverfahren“ (procédure d’urgence), das dem Markeninhaber ermöglicht, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu erwirken, um die Unterlassung der Verletzungshandlungen zu erwirken. Der Gerichtspräsident als zuständiger Richter, der im Markenrecht im Rahmen einer einstweiligen Verfügung angerufen wird, erlässt eine einstweilige Anordnung in der die Unterlassung der Verletzungshandlungen sowie gegebenenfalls ein Vorschuss auf den zukünftigen Schadensersatz angeordnet werden kann. Die einstweilige Anordnung ist eine vorläufige Entscheidung, die nach einem Hauptverfahren bestätigt, geändert oder aufgehoben werden kann.
Gemäß Art. L. 716-4-6 des französischen Gesetzbuchs über geistiges Eigentum hat der Gerichtspräsident im Rahmen einer einstweiligen Verfügung im französischen Markenrecht ausschließlich zu prüfen, ob das vom Markeninhaber vorgelegte Beweismaterial ermöglicht, die Wahrscheinlichkeit der aktuellen (oder einer zukünftigen) Markenrechtsverletzung nachzuweisen.
Das einzige Kriterium, auf das sich der Richter im französischen Markenrecht basiert, ist also die Wahrscheinlichkeit einer Markenrechtsverletzung. Allerdings muss im französischen Markenrecht keine Eilbedürftigkeit nachgewiesen werden. Es gibt daher in Frankreich auch keine bestimmte Frist zur Einreichung des Antrags auf einstweilige Verfügung.
Im hier kommentierten Fall war der Präsident des Pariser Gerichts der Ansicht, dass der von der Barrière-Gruppe übermittelte Bericht eines französischen Gerichtsvollziehers, der mindestens 2.400 Werbeanzeigen nannte, in denen die BARRIÈRE-Marken genutzt wurden, als Nachweis ausreichend war, um die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Markenrechte der Barrière-Gruppe im Sinne von Artikel L. 716-4-6 des französischen Gesetzes über geistiges Eigentum anzunehmen.
Das Pariser Gericht ist in der Entscheidung vom 24.04.2024 der Ansicht, dass META als Plattformbetreiberin im Sinne des oben genannten Artikels L. 716-4-6 in Anspruch genommen werden kann und daher gegen META angeordnet werden kann, die von der Barrière-Gruppe erlittenen Verletzungshandlungen zu unterlassen, ohne dass ihre Verantwortlichkeit nachgewiesen werden müsse.
Das Pariser Gericht stützt seine Argumentation auf Artikel 14, Absatz 3 der Richtlinie 2000/31/EG, ausgelegt im Sinne der Erwägung 45, sowie auf Artikel 6, Absatz 4 der Verordnung (EU) 2022/2065 vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (DSA), die am 17. Februar 2024 in Kraft getreten ist, um zu entscheiden, dass "die einem Dienstanbieter gewährte Immunität ein Gericht nicht daran hindert, diesen Anbieter dazu zu verpflichten, Zuwiderhandlungen abzustellen oder zu verhindern."
Der zuständige Richter hat in seiner Entscheidung die Schlussfolgerung gezogen, dass, selbst wenn META als Plattformbetreiberin keine allgemeine Verpflichtung zur Überwachung der auf ihren Social-Media-Plattformen veröffentlichten Inhalte habe, ihr dennoch eine gezielte und vorübergehende Überwachungstätigkeit bestimmter Inhalte auferlegt werden könne.
Konkret ordnete das Pariser Gericht an, dass META die Inhalte mittels eines automatisierten Systems zu filtern habe. Demnach besteht für META keine Verpflichtung, die Inhalte individuell zu analysieren und zu entfernen. Es wird außerdem angegeben, dass es sich nicht um eine dauerhafte Filtermaßnahme handelt, sondern um eine vorläufige Maßnahme, die nur bis zur Verkündung eines Urteils im Hauptverfahren gilt.
Darüber hinaus ordnete der Pariser Richter die Sicherung der Identifikationsdaten des Werbetreibenden, der hinter den rechtsverletzenden Werbeanzeigen steht, an. Diese Daten sind für die Barrière-Gruppe zur Identifizierung des rechtsverletzenden Werbetreibenden selbstverständlich erforderlich und sie hat keine andere Möglichkeit, diese auf anderem Wege zu erhalten.
Die einstweilige Anordnung des Pariser Gerichts ist sowohl in ihrem Grundsatz, als auch in den Maßnahmen, die sie anordnet, innovativ und stellt ein gutes Beispiel der Vielfalt der Maßnahmen und Möglichkeiten dar, die im französischen Markenrecht im Rahmen einer einstweiligen Verfügung angeordnet werden können.
Im Falle einer Markenrechtsverletzung ist es wichtig, schnell zu handeln, um die Verletzungshandlungen so schnell wie möglich zu stoppen, insbesondere bei Markenrechtsverletzung in sozialen Netzwerken.
Bei Fragen zum Schutz Ihrer Marken in den sozialen Netzwerken steht Ihnen unsere Kanzlei mit Rat und Tat zur Seite.