Für viele Firmen, die Opfer von unlauterem Wettbewerb sind, ist es oft schwierig, den Nachweis des durch das unlautere Wettbewerbsverhalten entstandenen Schadens zu erbringen. In der Praxis ist es oft unmöglich, den Schaden zu bemessen, der auf das unlautere Verhalten eines Wettbewerbers zurückzuführen ist (wie etwa die Bemühungen und Investitionen eines Wettbewerbers zu eigenen Vorteilen auszunutzen oder geltende Regeln über reglementierte Berufe nicht zu beachten), und diesem einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft.
Aus diesem Grund entscheidet die französische Rechtsprechung schon seit vielen Jahren, dass jedes unlautere Wettbewerbsverhalten notwendigerweise einen Schaden mit sich bringt, sei es auch ein rein immaterieller Schaden.
Diese Rechtsprechung wurde erneut in einer Entscheidung Nr. 19-10.414 vom 17.03.2021 des französischen obersten Gerichtshofs („Cour de cassation“) bestätigt. In der Angelegenheit, die dieser Entscheidung zu Grunde lag, hatte eine Firma, deren Tätigkeit darin liegt, Saunas und Spas auf ihrer Internetseite www.sauna-bien-etre.com zu vertreiben, jedes der angebotenen Produkte auf ihrer Webseite mit einer technischen Beschreibung dargestellt, ergänzt mit einem kurzen Artikel unter dem Titel „Die Meinung des Experten“, der die Vorzüge und Eigenschaften der Produkte anpreisen sollte.
Die Firma hat nach einiger Zeit festgestellt, dass ein Wettbewerber, der die Internetseite www.abri-jardin.eu betreibt auf der ebenfalls Saunas und Spas zum Verkauf angeboten werden, ihre technische Beschreibung sowie die „Meinung des Experten“, die sie selbst verfasst hatte, identisch auf seiner Webseite übernommen hat, um das Suchmaschinenranking zu optimieren.
Die Betreiberin der Webseite www.sauna-bien-être.com hat diese Firma zunächst abgemahnt und anschließend Klage erhoben, um die Entfernung der kopierten Produktbeschreibungen zu erwirken. In 2. Instanz hat das Berufungsgericht jedoch entschieden, dass kein unlauterer Wettbewerb vorläge und dass außerdem kein kausaler Zusammenhang zwischen den eventuellen unlauteren Handlungen, die der Betreiberin der Internetseite www.abri-jardin.eu vorgeworfen wurden, und dem aus diesen Handlungen entstanden Schaden nachgewiesen sei. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass die Betreiberin der Webseite www.abri-jardin.eu die strittigen Produktbeschreibungen ab Erhalt der Abmahnung von ihrer Internetseite entfernt habe und das die Nutzung der Produktbeschreibungen von insgesamt nur zwei Monaten der Antragstellerin keinen Schaden verursacht haben könne.
Die Betreiberin der Internetseite www.sauna-bien-etre.com hat gegen diese Entscheidung Revision vor dem obersten französischen Gerichtshof eingelegt. Dabei hat sie argumentiert, dass es nicht notwendig wäre, einen kausalen Zusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Verhalten des Antraggegners und dem daraus resultierenden Schaden nachzuweisen. Des Weiteren argumentierte sie, dass selbst wenn kein konkreter Kundenverlust oder Abwerbeaktionen von Kunden durch den Wettbewerber nachweisbar wären, die rechtswidrigen Handlungen (hier die Kopie der Produktbeschreibungen) an sich Anrecht auf Entschädigung eröffnen würden. Außerdem sei der immaterielle Schaden, der durch die rechtswidrigen Handlungen entstanden sei, zu entschädigen.
Der französische oberste Gerichtshof Cour de Cassation folgte in seiner Entscheidung vom 17.03.2021 dieser Argumentation und revidierte folglich das Urteil des Berufungsgerichts. In seiner Grundsatzentscheidung erinnert der Cour de cassation daran, dass sämtliche unlautere Wettbewerbshandlungen von Trittbrettfahrern, die Nutzen aus den Bemühungen und Investitionen ihrer Mitwettbewerber ziehen, ohne selbst jegliche Anstrengungen zu tätigen oder ihr eigenes Knowhow zu mobilisieren, grundsätzlich einen Schaden mit sich bringen, sei es auch ein rein immaterieller Schaden, und dies selbst wenn die Handlungen zeitlich begrenzt sind.
Diese Entscheidung bestätigt die vorherige Rechtsprechung des Cour de cassation und ermöglicht es den Richtern, unlauteren Wettbewerb und Trittbrettfahrerei zu bestrafen, selbst wenn im Einzelfall kein Zusammenhang zwischen dem entstandenen Schaden und den rechtswidrigen Handlungen nachgewiesen werden kann.
Die Rechtsanwaltskanzlei DOMANSKI aus Frankreich berät ihre Mandanten zu allen Fragen des unlauteren Wettbewerbs im französischen Recht und setzt die Interessen der Mandantschaft gerichtlich durch.