Die Entscheidung Nr. 21/11898 des Pariser Gerichtshofs, 3. Kammer, 3. Sektion, vom 23.10.2024 hat den Nachweis der tatsächlichen Berechtigung im Rahmen einer Vindikationsklage zur Übertragung eines französischen Patents zum Gegenstand. Im vorliegenden Falle stellte sich die Frage, ob sich die tatsächliche Berechtigung des wahren Erfinders aus der Verletzung einer vertraglichen Pflicht, hier die Verletzung eines Gesellschaftsvertrags, ergeben kann.
Die Vindikationsklage wurde von der Firma "X" eingereicht, die sich auf die Wärmebehandlung mit Mikrowellen von Aromen und Farbstoffen für die Kosmetik- oder Lebensmittelproduktion spezialisiert hat. Um auf die Anfrage eines Kunden zur Umsetzung einer industriellen Pflanzenextraktion zu antworten, hat die Firma X eine Partnerschaft in Form eines Gesellschaftsvertrags mit der Firma Y abgeschlossen, die sich ihrerseits auf die Entwicklung von Industrieanlagen, insbesondere Mikrowellenherden, spezialisiert hat.
Im Zuge dieser Zusammenarbeit wirft die Firma X der Firma Y vor, ein französisches Patent für eine Vorrichtung zur Produktwärmebehandlung mit Mikrowellen angemeldet zu haben. Sie ist der Auffassung, dass die Anmeldung dieses Patents durch die Firma Y eine Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen aus dem Gesellschaftervertrag darstellt. Die Firma X reicht daher eine Vindikationsklage vor dem zuständigen ordentlichen Gericht in Frankreich ein, um ihren Anspruch auf Übertragung des französischen Patents geltend zu machen.
Die Vindikationsklage ist in Artikel L. 611-8 des französischen Gesetzbuchs für geistiges Eigentum vorgesehen und ermöglicht es dem "wahren" Erfinder, die Übertragung eines eingetragenen Patents oder einer Patentanmeldung gegen dessen unrechtmäßigen Inhaber zu erwirken.
Da davon ausgegangen wird, dass die Erfindung von der im Patent genannten Person geschaffen wurde, muss die Person, die sich für den „wahren“ Erfinder hält, dafür im Übertragungsantrag den Nachweis erbringen. Konkret muss der Nachweis erbracht werden, dass die Erfindung dem „wahren“ Inhaber widerrechtlich entnommen wurde, oder das Patent unter Verletzung von gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten angemeldet wurde. Die Bösgläubigkeit des Anmelders muss dahingegen nicht nachgewiesen werden.
In dem Rechtstreit, der am 23.10.2024 dem Pariser Gericht vorgelegt wurde, sah der Gesellschaftsvertrag zwischen den beiden Firmen ausdrücklich vor, dass alle Patente, die direkt oder indirekt mit der Tätigkeit der Firma X in Zusammenhang stehen, in deren Namen angemeldet werden müssen. Die Firma X argumentiert, dass die Anmeldung des französischen Patents durch die Firma Y einen Verstoß gegen die obengenannte Klausel aus dem Gesellschaftsvertrag im Sinne von Art. L. 611-8 des französischen Gesetzbuchs für geistiges Eigentum darstelle.
Der Pariser Gerichtshof folgt dieser Argumentation jedoch nicht. Vielmehr weist er darauf hin, dass der Vertrag mit dem Endkunden vorsehe, dass die Firma X über Know-how und Patente für die industrielle Anwendung von Mikrowellentechnologie verfüge, während die Firma Y über Know-how und die industriellen Mittel für die Herstellung von Mikrowellenöfen verfüge.
Hingegen gibt es für das Pariser Gericht keinen Anhaltspunkt dafür, dass die durch das betroffene Patent geschützte Erfindung das Ergebnis einer industriellen Zusammenarbeit zwischen den beiden Firmen war. Die Anmeldung des Patents stellt daher keinen Verstoß gegen eine Verpflichtung dar, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, und die Firma X kann sich daher nicht auf diesen Vertrag berufen, um sich die Erfindung einer anderen Firma anzueignen. Das Pariser Gericht weist die Vindikationsklage aus diesem Grund ab.
Der Fall zeigt, dass der Nachweis der Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung im Rahmen einer Vindikationsklage vor einem französischen Gericht im Einzelfall zu beurteilen ist, wobei der Erfindungsprozess im Detail in Betracht gezogen werden muss. Eine vorteilhaft formulierte IP-Klausel im Gesellschaftsvertrag reicht nicht aus, um das Patent seines Geschäftspartners beanspruchen zu können.
Die Anwaltskanzlei DOMANSKI berät ihre Mandanten im französischen Patentrecht, in deutscher Sprache, insbesondere bei der Ausarbeitung von Verträgen zu den gewerblichen Schutzrechten, und vertritt sie im Streitfall vor den französischen Gerichten.